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Bakterielle Infektion der Vagina

Eine mikrobiologische Kultur ist vereinfacht gesagt ein All-inclusive-Urlaub für Bakterien und Pilze. Der Abstrich kommt auf eine Zuckerplatte („Essen“) und wird dort tagelang bebrütet („Sonnen“). Unter diesen Idealbedingungen können sich natürlich sämtliche Arten und Unterarten von Bakterien und Pilzen bestens ernähren und vermehren. Die meisten Labors haben zertifizierte Standardprogramme hinsichtlich der Identifizierung der verschiedenen Kolonien. Als Ergebnis dieser All-inlusive-Urlaube folgt schließlich ein schriftlicher Befund vom Labor an den zuweisenden Arzt. In diesem werden alle identifizierten Bakterien und Pilze aufgelistet, zumeist ist auch eine quantitative Beurteilung (vereinzelt, mäßig oder reichlich vorhanden) angegeben. Eine Vaginalkultur scheint also eine praktische Sache zu sein, man könnte sich das Mikroskopieren ersparen.

Nein, nein, nein! Das stimmt aber nicht! Nur durch das Mikroskop ist es möglich, das für die Diagnose wesentliche Verhältnis zwischen „guten“ und „bösen“ Bakterien zu bestimmen. Eine Bakterielle Vaginose lässt sich eigentlich nur durch mikroskopieren diagnostizieren. Ein weiteres Problem ist dann auch die immer vorhandene zweite Seite des Befundes, nämlich das so genannte Antibiogramm. Das Antibiogramm ist ein Test zur Bestimmung der Empfindlichkeit und Resistenz von Krankheitskeimen gegenüber Antibiotika. Das ist für Ärzte natürlich ein ausgezeichnetes Hilfsmittel, denn dadurch kann gezielt das richtige Antibiotikum verordnet werden. Diese außerordentlich wichtige Diagnoseerweiterung entscheidet bei bakteriellen Infektionen oft über den Therapieerfolg und kann in vielen Fällen Leben retten. Der springende Punkt aber ist, dass Kultur und Antibiogramm vor allem beim Nachweis von Infektionen im Blut, Gehirnflüssigkeit, Harn und ähnlichen Bereichen wichtig sind, weil die genannten Körperflüssigkeiten zumeist steril, also keimfrei sind. Anders verhält es sich bei Vaginalkulturen. Die Scheide ist nun Mal nicht keimfrei, sondern ist ganz im Gegenteil von Milliarden und Aber-Milliarden Bakterien besiedelt. Trotzdem werden in diesen Befunden die meisten, um nicht zu sagen alle, identifizierten Bakterien brav aufgelistet und mit einem Antibiogramm versehen. Der Facharzt sieht sich nun mit einer Fülle von wohlklingenden oder auch befremdenden Bakteriennamen konfrontiert und muss nun entscheiden, welche einer Therapie bedürfen und welche nicht.

Liebe Leute, in Wahrheit sind normalerweise nicht einmal eine Hand voll dieser „Namen“ tatsächlich Krankheitserreger für die weiblichen Geschlechtsorgane! Die Expertise des Arztes entscheidet darüber ob, und wenn, welche Bakterien therapiert werden. Leider lassen sich viele von den Befunden beeindrucken und reagieren nach dem „Nutzt’s nichts, schadet’s nicht-Prinzip“. Aber das stimmt halt leider nicht. Durch Antibiotika verabschieden sich als erstes die „guten“ Bakterien, die Laktobazillen. Die Aufgabe dieser für den Genitaltrakt so wichtigen Bakterien ist die Verteidigung des Raums gegen andere, tatsächliche Krankheitserreger. Vielleicht schafft man durch entsprechende Therapie die Eradikation eines Bakteriums XY, in den meisten Fällen hat man es aber geschafft, die Laktobazillenflora zu dezimieren oder sogar auszulöschen. Als Folge davon haben Pilze und ähnliche Keime erst recht die Möglichkeit sich ungehemmt zu vermehren. Ich denke, den meisten LeserInnen ist bekannt, dass Pilzinfektionen häufig in Folge von Antibiotikatherapien auftreten.

Ich sehe bei Erstgesprächen oft wahre Bücher von angehäuften Befundberichten aus zahlreichen Untersuchungen mit darin empfohlener Antibiotikatherapie gegen eigentlich vaginal unbedeutende Bakterien. Das Problem ist, dass Bakterien durch häufiges Einnehmen von Antibiotika „lernen“ sich zu wehren, sie entwickeln Resistenzmechanismen gegen Antibiotika. Diese durchaus nachvollziehbare Regel der Natur führt zu einer Selektion von Bakterien. Es entwickeln sich entweder resistentere Stämme, die viel schwieriger durch speziellere Antibiotika therapiert werden müssen, oder gewisse Bakterien können sich aufgrund des Fehlens seiner Kontrahenten plötzlich vermehren.

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